Charaktêres

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Onyx-Intaglio mit Charactêres und griechischen Buchstaben (2./3. Jahrhundert)

Als Charaktêres (Singular Charaktêr; altgriechisch χαρακτήρ, lateinisch charactē̆r) werden in der Altertumswissenschaft nicht-alphabetische[1], buchstabenähnliche Zeichen[2] ohne bekannte Bedeutung bezeichnet, die als Teil magischer Texte erscheinen.

Ähnliche Zeichen in Texten des Mittelalters, die sich teilweise auf antike Vorbilder zurückführen lassen, werden ebenfalls als Charaktêres bezeichnet. Magische Symbole in neuzeitlichen Kontexten, insbesondere solchen, die sich einem bestimmten magischen System zuordnen lassen wie etwa dem des Agrippa von Nettesheim, werden eher als Sigillen bezeichnet. Allgemein und unabhängig von spezifischen Kontexten spricht man auch von Zauberzeichen.

Im Rahmen einer von Kai Brodersen und Joachim Quack betreuten Dissertation untersuchte und katalogisierte Kirsten Dzwiza einen Korpus von 87 Zauberschriften aus dem Zeitraum vom 1. Jahrhundert v. Chr. bis zum 7. Jahrhundert n. Chr. mit vorwiegend griechischen, aber auch demotischen und koptischen Texten. Bei dem von ihr untersuchten Material handelte es sich nicht um einzelne Artefakte (zum Beispiel Fluchtafeln aus archäologischen Funden), sondern um Anweisungen zur Herstellung solcher Artefakte im Rahmen einer magischen Operation. Von 152 derartigen Artefakten enthielten 42 Charaktêres. Weiterhin katalogisierte und typologisierte sie 699 unterschiedliche Zauberzeichen, die 943-mal auftraten, und fasste sie in 9 Gruppen zusammen[3]:

Gruppe Bezeichnung Beschreibung Beispiel
1 Kringel kleine kreisförmige Elemente am Ende von Linien
2 Kugeln kreisförmige, nicht verbundene Elemente, jedoch keine einzelnen Kreise (dies gehören in Gruppe 4)
3 Punkte
4 geschlossene Elemente Kreise, Rechtecke (evtl. mit Unterteilungen)
5 Striche separate Striche oberhalb oder unterhalb von Zeichen, die oft griechischen Buchstaben gleichen, jedoch nicht als Wortbestandteile gelesen werden können
6 Elemente Zauberzeichen, die ausschließlich aus Linienelementen zusammengesetzt sind und keiner der vorherigen Gruppen zugeordnet werden können
7 kleine Elemente
8 Hieroglyphen hieroglyphenähnliche Zeichen
U unklare Zuordnung

Da die Gruppierung aufgrund rein geometrischer Kriterien erfolgt, kann sie auch auf Zauberzeichen allgemein angewandt werden.

  • Gideon Bohak: The Charaktêres in Ancient and Medieval Jewish Magic. 2011. In: Acta Classica Universitatis Scientiarum Debreceniensis Vol. 47 (2011), S. 25–44 (PDF).
  • Kirsten Dzwiza: Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis anhand der griechischen, demotischen und koptischen Praxisanleitungen des 1. - 7. Jahrhunderts. Dissertation Universität Erfurt 2013 (PDF).
  • Kirsten Dzwiza: The Catalogue and Statistical Analysis of the Charaktêres Project : A First Introduction. In: Marina Piranomonte, Francisco Marco Simón: Contesti Magici, Contextos Magicos. Rom 2012, ISBN 978-88-6557-099-9.
  • David Frankfurter: The Magic of Writing in Mediterranean Antiquity. In: (ders.) (Hrsg.): Guide to the Study of Ancient Magic. Brill, 2019, ISBN 978-90-04-17157-2, S. 626–658.
  • Ildar Garipzanov: Magical Charaktêres in the Carolingian World : A Ninth-Century Charm in MS Vat. lat. 5359 and Its Broader Cultural Context. In: Speculum, Bd. 96, Nr. 2 (April 2021) (PDF).
  • Richard Gordon: Charaktêres Between Antiquity and Renaissance Transmission and Reinvention. In Véronique Dasen, Jean-Michel Spieser (Hrsg.): Les savoirs magiques et leur transmission de l'antiquite a la Renaissance. SISMEL Ed. del Galluzzo, Florenz 2014, ISBN 978-88-8450-493-7, S. 253–300.
  • György Németh: Magic Symbols (Charaktêres) on North African Curse Tablets as a Regional Feature. In: Acta Classica, Univ. Scient. Debrecen LVII (2021), S. 199–215 (PDF).
Commons: Charaktêres – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Kennzeichen eines Alphabetes ist ein fester Zeichenbestand, das trifft auf die Charactêres nicht zu.
  2. Wie die Buchstaben eines Textes erscheinen die Charactêres oft in Zeilen angeordnet oder innerhalb der Zeilen eines zum Beispiel griechischen Textes.
  3. Kirsten Dzwiza: Schriftverwendung in antiker Ritualpraxis. Dissertation Universität Erfurt 2013, S. 29ff., 82, 115–117.