August Perl

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Friedrich Carl August Perl (* 7. November 1837 in Hamburg; † 20. Dezember 1881 ebenda[1]) war Rechtsanwalt und ein führender früher Hamburger Sozialdemokrat und vom Juni 1866 bis Mai 1867 als Nachfolger von Carl Wilhelm Tölcke Präsident des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins (ADAV).

August Perl

Perl war Sohn eines Schuhmachers. Er wurde Rechtsanwaltsgehilfe bei Dr. Israel. Später war er Gründer[2] und Rechnungsführer der Volksbank und Buchhalter des Hamburger Konsumvereins.[3] Perl gehörte zu den führenden Köpfen der linken Opposition im Hamburger Arbeiterbildungsverein. Diese Gruppe schloss sich unter seinem Einfluss dem ADAV an.[4] Er wurde Herausgeber der Zeitung Der Nordstern. Die Zeitung diente zunächst der Oppositionsgruppe im Hamburger Arbeiterbildungsverein als Sprachrohr. Später war sie in den ersten Jahren der Partei eine der wichtigsten Organe des ADAV.[5] Perl wurde Mitglied im Vorstand des ADAV und Bevollmächtigter der starken Hamburger Gemeinde des ADAV.[6] August Perl war von Nummer 322 vom 9. September 1865 bis Nummer 243, 1864 „verantwortlicher Verleger“ der Zeitschrift Der Nordstern. Organ der social-demokratischen Partei und des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins.

Nach dem Rücktritt von Carl Wilhelm Tölcke musste ein neuer Präsident des ADAV gewählt werden. Auf dem Leipziger Kongress des ADAV vom 17. Juni 1866 scheiterte Sophie von Hatzfeldt vor allem am Widerstand von Johann Baptist von Schweitzer damit, mit Hugo Hillmann einen ihr genehmen Präsidenten der Partei durchzusetzen. Schweitzer schlug stattdessen erfolgreich August Perl vor.[7] Die eigentliche politische Linie wurde indes von Schweitzer bestimmt.[8][9] Perl organisierte seit Juli 1866 eine Kampagne für ein demokratisches Wahlrecht im entstehenden Norddeutschen Bund. Zu diesem Zweck wurden verschiedene regionale Arbeitertage abgehalten. Auf der Generalversammlung am 27. Dezember 1866 in Erfurt wurde Perl in dem Amt des Präsidenten bestätigt.[10] Vor den Wahlen zum konstituierenden Reichstag war Perl Kandidat für einen Hamburger Wahlkreis.[11] Im Dezember 1866 auf dem Kongress in Erfurt versuchte die Gräfin Hatzfeldt Perl als Präsident abwählen zu lassen. Dieses misslang ihr erneut.[12] Im Mai 1867 folgte ihm von Schweitzer als Präsident des ADAV. Perl und August Geib als die Anführer des Hamburger ADAV verließen als Folge zu eigenmächtiger Entscheidung Schweitzers 1869 den ADAV, um sich der SAP anzuschließen.[13]

„Soll Herr Perl in Hamburg oder wen sonst wir in Zukunft wählen unser Präsident sein, oder soll die Frau Gräfin von Hatzfeld unsere Präsidentin, das Haupt der deutschen Arbeiterpartei sein?“

Social-Demokrat, Nr. 1. Januar 1868[14]

Perl zog sich von der Politik ganz zurück. 1870 promovierte Perl in Heidelberg,[15] er wurde zunächst nicht zur Advokatur zugelassen.[16] Von 1871 bis 1872 ließ sich Perl als F. C. A. Perl Dr. d. R. Zollbrücke 5 in die Hamburger Adressbücher[17] eintragen. Perl betrieb zunächst die Winckeladvokatur, bis er am 22. Juli 1872 nach Fürsprache des Polizeiherren immatrikuliert wurde. Perl blieb bis 1881 Advokat.[16] Der letzte Eintrag 1882 lautet: Perl, August Dr. d. R. Rechtsanwalt B. Cto. Volks[18] Rathausstr. 1.[19]

  • August Bebel: Aus meinem Leben. Band 2, Dietz, Stuttgart 1911.
  • Heinrich Laufenberg: Geschichte der Arbeiterbewegung in Hamburg, Altona und Umgegend. Auer, Hamburg 1911 und 1931 (Nachdruck Berlin 1977).
  • August Perl: In: Franz Osterroth: Biographisches Lexikon des Sozialismus. Verstorbene Persönlichkeiten. Band 1. J. H. W. Dietz Nachf., Hannover 1960, S. 237.
  • Toni Offermann: Arbeiterbewegung und liberales Bürgertum in Deutschland 1850–1863. Verlag Neue Gesellschaft, Bonn 1979, S. 296 Anm. 163.
  • Angelika Voss-Louis: Hamburgs Arbeiterbewegung im Wandel der Gesellschaft. Eine Chronik. Band 1 1842 bis 1890. Christians Verlag, Hamburg 1987 (Hamburger Beiträge zur Sozial- und Zeitgeschichte, Beiheft 3) ISBN 3-7672-1008-8.

Einzelnachweise

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  1. Standesamt Hamburg 01: Sterberegister. Nr. 4294/1881.
  2. Holger Martens: Das Genossenschaftsgesetz von 1889 und der Gründungsboom in Hamburg. In: 125 Jahre Genossenschaftsgesetz – Beiträge zur 9. Tagung zur Genossenschaftsgeschichte. Herausgeber: Heinrich-Kaufmann-Stiftung. Hamburg 2015
  3. Shlomo Na'aman: Die Konstituierung der Deutschen Arbeiterbewegung 1862/63. Assen, 1975, S. 765
  4. Franz Mehring: Geschichte der deutschen Sozialdemokratie: Bis zum deutsch-französischen Kriege. Stuttgart 1906, S. 25
  5. Bert Andréas: Zur Agitation und Propaganda des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins 1863/64. In: AfS, 3/1963 S. 299
  6. Bernhard Becker: Geschichte der Arbeiter-Agitation Ferdinand Lassalle’s. Braunschweig 1874, S. 284
  7. Franz Osterroth, Dieter Schuster: Chronik der deutschen Sozialdemokratie. Band 1: Bis zum Ende des Ersten Weltkrieges. Bonn / Berlin 1975; fes.de
  8. RP. Morgan: The German Social Democrats and the First International: 1864-1872. Cambridge 1969, S. 11
  9. „Bei der Präsidentenwahl unterlag Hillmann-Elberfeld gegenüber August Perl-Hamburg, das war ein indirekter Sieg Schweitzers“. August Bebel. Ausgewählte Schriften. Band 6, Berlin 1983, S. 207.
  10. Dieter Fricke: Die deutsche Arbeiterbewegung 1869–1914. Dietz Verlag, Berlin 1976, S. 71.
  11. Günter Trautmann: Liberalismus, Arbeiterbewegung und Staat in Hamburg und Schleswig-Holstein 1862–1869. In: AfS, 15/1979, S. 70
  12. R.P. Morgan: The German Social Democrats and the First International: 1864-1872. Cambridge 1969, S. 21
  13. R.P. Morgan: The German Social Democrats and the First International: 1864-1872. Cambridge 1969, S. 28
  14. zitiert nach Christiane Kling-Mathey: Gräfin Hatzfeld. 1805 bis 1881. Eine Biographie. Dietz, Bonn 1989, S. 195. ISBN 3-8012-0142-2
  15. Toni Offermann, S. 296.
  16. a b Gerrit Schmidt: Die Geschichte der Hamburgischen Anwaltschaft von 1815 bis 1879, Hamburg 1989, ISBN 3-923725-17-5, S. 368
  17. Es wurden für August Perl die Hamburger Adressbücher von 1868, 1869, 1870 fehlt, 1871–1882 eingesehen.
  18. Büro Contor der Volksbank
  19. Zum 1. Oktober 1879 wurde die Rechtsanwaltsverordnung im Deutschen Reich umgesetzt und das System der Advokatur in Hamburg abgeschafft, die Hamburger Advokaten konnten unter gewissen Voraussetzungen als Rechtsanwälte zugelassen werden. Siehe Gerrit Schmidt: Die Geschichte der Hamburgischen Anwaltschaft von 1815 bis 1879. Hamburg 1989, ISBN 3-923725-17-5, S. 306