Musikgeragogik

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Senioren in einem Altenheim beim Musizieren im Gemeinschaftsraum

Musikgeragogik ist eine Fachdisziplin im Schnittfeld von Musikpädagogik und Geragogik, die sich mit musikalischer Bildung im Alter beschäftigt sowie mit musikbezogenen Vermittlungs- und Aneignungsprozessen.[1]

Die Arbeit mit alten und sehr alten Menschen erfordert ein anderes didaktisch-methodisches Vorgehen als in der Musikpädagogik für junge Menschen, und dies hat Auswirkungen auf Forschung, Ausbildung und Praxis. Für Musik mit alten Menschen und das Musizieren im Alter sind die Berücksichtigung persönlicher Lebenserfahrungen (biographische, intergenerative und kultursensible Orientierung), Lernen bei geistigen und körperlichen Beeinträchtigungen sowie Validation von besonderer Bedeutung. Wichtige Erkenntnisse stammen aus Nachbardisziplinen wie Alterspsychologie, Pflegewissenschaft, Soziale Arbeit, Gerontologie, Musiktherapie und Heilpädagogik. Musikgeragogen wirken in unterschiedlichen Institutionen (z. B. Musikschulen, Seniorenakademien, Altenwohn- und -pflegeheimen).

Zu den Arbeitsfeldern der Musikgeragogik gehören die Leitung von Seniorenchören, Orchestern und kammermusikalischen Ensembles, der Instrumentalunterricht für Senioren, die Leitung von Singgruppen und die musikalische Begleitung in der Pflege in Altenheimen sowie die Organisation musikalischer Veranstaltungen für alte Menschen mit Beeinträchtigugen, zu denen auch der Besuch von öffentlichen Konzerten, Opern oder Musiktheater gehören können. Spezialisierungen sind die Kirchenmusikgeragogik, die sich mit der Betreuung älterer Menschen in Kirchengemeinden beschäftigt und die Weiterbildung von Kirchenmusikern propagiert sowie die Rhythmikgeragogik mit dem Schwerpunkt der Verbindung von Musik und Bewegung.[2]

Berufsbegleitende Weiterbildungen in Musikgeraragogik dauern in der Regeln ein Jahr und werden von der Fachhochschule Münster, den Landesmusikakademien in Berlin und Nordrhein-Westfalen, dem Verband der Bayrischen Sing- und Musikschulen, dem Landesverband der Musikschulen Baden-Württemberg und der Landeszentrale für Gesundheitsförderung in Rheinland-Pfalz angeboten. Sie richten sich an Teilnehmer aus den Bereichen der Altenpflege, der Sozialen Arbeit, der Ergotherapie, der Musikpädagogik, der Musiktherapie sowie an freischaffende Musiker.[2]

2009 gründete sich in Münster die Deutsche Gesellschaft für Musikgeragogik (DGfMG), deren Ziele auf die Förderung der Aus- und Weiterbildung im Fach Musikgeragogik ausgerichtet sind sowie auf die fachliche Weiterentwicklung der Musikgeragogik im Gesundheits-, Sozial- und Bildungswesen.[3] Im Jahr 2020 wurde die Gesellschaft Musikgeragogik Schweiz gegründet.[4]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Theo Hartogh: Musikgeragogik, ein bildungstheoretischer Entwurf. Musikalische Altenbildung im Schnittfeld von Musikpädagogik und Geragogik. Wißner, Augsburg 2005, ISBN 3-89639-475-4 (Zugl. Habilitation, Universität Leipzig 2004)
  • Theo Hartogh & Hans Hermann Wickel (Hrsg.): Handbuch Musik in der sozialen Arbeit. Juventa-Verlag, Weinheim 2004, ISBN 3-7799-0787-9.
  • Rosemarie Tüpker & Hans Hermann Wickel (Hrsg.): Musik bis ins hohe Alter. Fortführung, Neubeginn, Therapie. LIT-Verlag, Münster 2001, ISBN 3-8258-5623-2.
  • Theo Hartogh & Hans Hermann Wickel: Musizieren im Alter. Arbeitsfelder und Methoden. Schott Music, Mainz 2008
  • Hans Hermann Wickel & Theo Hartogh (Hrsg.): Praxishandbuch Musizieren im Alter. Schott Music, Mainz 2011
  • Marlies Marchand: „Gib mir mal die große Pauke ...“ Musikalische Gruppenarbeit im Altenwohn- und Pflegeheim. Ein Praxisbuch. Reihe Musikgeragogik, Band 1, Waxmann Verlag, Münster 2012, ISBN 978-3-8309-2749-5
  • Kerstin Schatz: Musikgeragogik im Kontext von Kirche und Kirchenmusik. Modellierung des Handlungsfeldes Kirchenmusikgeragogik. (Dissertation) Reihe Musikgeragogik, Band 8, Waxmann Verlag, Münster 2023, ISBN 978-3-8309-4706-6
  • Hans Hermann Wickel & Theo Hartogh (Hrsg.): Musikalische Bildung im Alter. Theoretische Reflexionen und Praxisbeispiele. Reihe Musikgeragogik, Band 9, Waxmann Verlag, Münster 2023, ISBN 978-3-8309-4773-8

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Theo Hartogh, Hans Hermann Wickel: Musikalische Bildung im Alter, Kulturelle Bildung online, 2014
  2. a b Rosemarie Tüpker: Musikgeragogik: Musik bis ins hohe Alter. In: Zeitschrift für Komplementärmedizin zkm Thieme-Verlag 2024/2, S. 42–46. DOI:10.1055/a-2262-4479.
  3. Website der Deutschen Gesellschaft für Musikgeragogik
  4. Website der Gesellschaft Musikgeragogik Schweiz