Tiberius Claudius Cogidubnus

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Tiberius Claudius Cogidubnus (nach neueren Überlegungen vielleicht eher Tiberius Claudius Togidubnus) war König und legatus Augusti, also ein Vasallenkönig in der römischen Provinz Britannien in der zweiten Hälfte des 1. Jahrhunderts n. Chr., der über die keltischen Regni (auch Regini oder Regnentes genannt) herrschte. Diese hatten in der vorrömischen Zeit unter der Herrschaft der Atrebaten gestanden. Tiberius Claudius Cogidubnus folgte als König wohl einem gewissen Verica.

Tiberius Claudius Cogidubnus wurde wahrscheinlich als Mitglied der lokalen herrschenden Schicht geboren. Als England im Jahr 43 n. Chr. von den Römern erobert wurde, ist er anscheinend auserwählt worden, sein Volk als König zu beherrschen. Es ist denkbar, dass er als Kind zur Erziehung nach Rom gesandt wurde und im Erwachsenenalter wieder in die Provinz zurückgeschickt wurde, um dort die Herrschaft anzutreten, wie das auch bei dem Cheruskerfürsten Arminius der Fall gewesen war. Dafür können aber keine Belege erbracht werden.

Weiheinschrift des Tiberius Claudius Cogidubnus

Als Ehrbezeugung und auch aus Respekt für den römischen Kaiser nahm er dessen Namen an: Tiberius Claudius. Tiberius Claudius Cogidubnus ist nur in zwei schriftlichen Quellen bezeugt: bei Tacitus und auf einer Inschrift, die man in Chichester fand.

Tacitus erwähnt in der Biographie seines Schwiegervaters Gnaeus Iulius Agricola, dass der britische König Cogidubnus – in den Abschriften meist Cogidumnus genannt – bestimmte Stammesgebiete zur Regentschaft erhalten habe. Der König habe schon früh die römischen Sitten angenommen und sei bis zu Tacitus’ Zeiten immer loyal gewesen:[1]

„Quaedam civitates Cogidumno regi donatae (is ad nostram usque memoriam fidissimus mansit), vetere ac iam pridem recepta populi Romani consuetudine, ut haberet instrumenta servitutis et reges.“

Tacitus: Agricola 14, 2

1723 fand sich in Chichester, dem ehemaligen Noviomagus Regnorum, eine Inschrift, die die Errichtung eines Tempels für Neptun und Minerva erwähnt. Die Erlaubnis zum Tempelbau erteilte der König (rex) und legatus augusti Tiberius Claudius Cogidubnus. Die Inschrift lautet:

Weiheinschrift des Tiberius Claudius Cogidubnus
[N]EPTVNO·ET·MINERVAE

TEMPLVM
[PR]O·SALVTE·DO[MVS]·DIVINA[E]
[EX]·AVCTORITAT[E·TI]·CLAVD·
[CO]GIDVBNI·R[EG·MA]GNI·BRIT·
[COLE]GIVM·FABROR·ET[·Q]VI·IN·E[O]
[SVNT]·D·S·D·DONANTE·APEAM

[...]ENTE PVDENTINI·FIL
[2]

Zu Deutsch etwa: Das Kollegium der Handwerker und seine Mitglieder schenken diesen Tempel Neptun und Minerva aus eigenem Geld zum Schutz des Heiligen Hauses, aus der Autorität des Tiberius Claudius Cogidubnus, des großen Königs der Britten [...], Sohn des Pudentinus, er schenkte das Land.

Die Vermutung, Tiberius Claudius Cogidubnus hätte direkt in Chichester residiert, ist umstritten. In der Nähe von Chichester, im Dorf Fishbourne, wurde ein großes palastartiges Gebäude ausgegraben, das diesem König zugeordnet wird.

Nach dem Tode des Cogidubnus ist sein Herrschaftsgebiet sicherlich voll in das römische Reich integriert worden, denn es wurde kein Nachfolger als König bestimmt.

  1. Lateinischer Originaltext bei Wikisource
  2. CIL VII, 11 = RIB I 91 = AE 2008, 772.
  • Barry Cunliffe: Fishbourne. A Roman Palace and Its Garden. Thames and Hudson, London 1971, ISBN 0-500-27015-5, S. 23–25, 165–169.
  • Anthony A. Barrett: The Career of Tiberius Claudius Cogidubnus. In: Britannia 10, 1979, S. 227–242.
  • Julianus Egidius Bogaers: King Cogidubnus in Chichester: Another Reading of RIB 91. In: Britannia 10, 1979, S. 243–254.
  • Jean Coert: Cogidubnus – ein König ohne Königreich in der britannischen Provinz? Die Dekonstruktion eines Klientelkönigreiches im römischen Britannien. In: Phasis. Greek and Roman Studies 21/22, 2019, S. 30–72 (Digitalisat).